Im Rahmen des DFG-Projekts „Die (Wieder-)Entdeckung des Publikums“ bearbeiten wir am Institut derzeit eine Reihe von Fallstudien bei nachrichtenjournalistischen Medien, um den Stellenwert partizipativer Angebote sowie ihre Auswirkungen auf Routinen und Einstellungen bei Journalisten wie beim Publikum zu ermitteln. Die erste Fallstudie, die wir in Zusammenarbeit mit der Tagesschau durchgeführt haben, ist inzwischen abgeschlossen und der zusammenfassende Bericht liegt vor. Im Projektblog gibt es ein paar mehr Informationen.
Wiebke Loosen / Jan-Hinrik Schmidt / Nele Heise / Julius Reimer / Mareike Scheler (2013): Publikumsinklusion bei der Tagesschau. Zusammenfassender Fallstudienbericht aus dem DFG-Projekt „Die (Wieder-)Entdeckung des Publikums“. Arbeitspapiere des Hans-Bredow-Instituts Nr. 26. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut, März 2013. Online: http://www.hans-bredow-institut.de/webfm_send/709.
Update: Das hatte ich noch vergessen- hier die Zusammenfassung des Berichts:
Der Bericht stellt Ergebnisse einer Fallstudie bei der Tagesschau vor, die im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Rolle von Publikumsbeteiligung im Nachrichtenjournalismus in Deutschland durchgeführt wurde. Auf Grundlage eines theoretisch-analytischen Modells, das Partizipation als Zusammenspiel von Inklusionsleistungen und Inklusionserwartungen auf Seiten des Journalismus und des Publikums versteht, werden Befunde aus qualitativen Interviews mit Redaktionsmitgliedern (n=10) und Zuschauern bzw. Nutzern unterschiedlichen Aktivitätsgrads (n=6) sowie aus standardisierten Befragungen der Journalisten (n=63) sowie der Nutzer von tagesschau.de (n=4.686) vorgestellt. Auf journalistischer Seite kann so nachgezeichnet werden, wie ein etabliertes und reichweitestarkes nachrichtenjournalistisches Format im Konvergenzbereich von TV und Online Publikumsbeteiligung organisiert und wie sich im Hinblick hierauf journalistische Einstellungen und Selbstbilder darstellen. Auf Publikumsseite lässt sich rekonstruieren, in welchem Umfang partizipative Angebote wahrgenommen werden, wie sich das Publikumsbild der Nutzer gestaltet und welche Motive, Erwartungen an sowie Vorstellungen von journalistischen Leistungen der Tagesschau vorherrschen.
Der Abgleich beider Seiten erlaubt es zudem, Aussagen über das Inklusionslevel und die Inklusionsdistanz bei der Tagesschau zu treffen: Das Inklusionslevel ist durch eine doppelte Schieflage gekennzeichnet, da die vielen partizipativen Angebote der Tagesschau nur von einem kleinen Teil des Publikums aktiv genutzt werden, hierdurch aber insgesamt erheblicher organisatorischer Aufwand entsteht und Anpassungen redaktioneller Routinen erforderlich werden. Die Inklusionsdistanz ist im Großen und Ganzen gering, da weitgehende Übereinstimmung im Hinblick auf die erwarteten bzw. unterstellten Aufgaben und Leistungen der Tagesschau besteht. Allerdings lassen sich auch verschiedene Anzeichen dafür finden, dass sich mit den gestiegenen Möglichkeiten zur Partizipation auch Unterschiede in den Einstellungen des Publikums herausbilden bzw. für den Journalismus sichtbar artikulieren. Publikumsinklusion im (Nachrichten-)Journalismus erfordert daher auch, sich auf dieses „multiple Publikum“ einzustellen.