Vergangenen Freitag war ich in der Evangelischen Akademie in Bad Boll, die in Kooperation mit dem ZKM Karlsruhe und der Bundeszentrale für politische Bildung die Tagung „www.surfen-und-bloggen.de“ veranstaltete. Ich fand die Konzeption und den Ablauf der Veranstaltung sehr gelungen (ein großes Lob an die Organisatoren Vanessa Diemand, Susanne Wolf und Albrecht Esche): Am Vormittag hielten Prof. Jochen Hörisch (Uni Mannheim) und Simone Kimpeler (Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung) einleitende Vorträge über Medienwandel aus historischer Sicht sowie die Entwicklung des Internet von der Expertentechnologie zum „Mitmachweb“. Am frühen Nachmittag wurden drei Workshops angeboten, die Grundlagen von Weblogs (Vanessa Diemand), Wikis (mein Bamberger Ex-Kollege Florian L. Mayer) sowie zu Online-Communities und Netzwerkplattformen (meine Wenigkeit) behandelten. Ich ließ in meiner Gruppe die Teilnehmer/innen zunächst beispielhafte Profilseiten auf Papier ausfüllen und erläuterte davon ausgehend die Grundprinzipien des Identitäts- und Beziehungsmanagements auf Plattformen wie XING, studiVZ o.ä. Recht schnell waren wir in der Diskussion dann bei Fragen der kontextabhängigen Selbstdarstellung, der kommerziellen Verwertung bzw. Verwertbarkeit entsprechender Daten sowie allgemeinen Fragen zum Verhältnis von Privatsphäre und Öffentlichkeit.
Den Abschluß bildete eine Podiumsrunde, bei der zunächst Stefan Lampe von der Bundeszentrale für politische Bildung neue Möglichkeiten für politische Information und Partizipation im Internet vorstellte.Hans-Ulrich Gehring, evangelischer Hochschulpfarrer in Stuttgart, diskutierte im Anschluß einige sehr interessante Aspekte der aktuellen Entwicklung technisch vermittelter Interaktionen und Beziehungen, wobei er u.a. den besonderen Stellenwert von leibgebundener Erfahrung und der technischen Anreicherung ko-präsentischer Situationen betonte. Ich ging schließlich noch auf die Praktiken der Nutzer von Social-Web-Anwendungen ein (siehe die Präsentation unten). Die abschließende Diskussion mit den etwa 40 Gästen der Tagung griff dann eine ganze Reihe von Fragen nochmals auf, die sich durch den Tag gezogen hatten. Das Publikum legte dabei meiner Wahrnehmung nach eine interessierte, kritisch-optimistische Perspektive an den Tag: Das Internet wurde nicht verteufelt oder als Bedrohung für soziale Beziehungen o.ä. aufgefasst, aber diejenigen Bereiche, in denen ich auch gesellschaftlichen Diskussionsbedarf sehe, wurden thematisiert: Wie gehen wir mit der Kommerzialisierung öffentlicher Räume um? Welche Ansatzpunkte für Datenschutz bestehen, wenn Nutzer/innen teilweise freiwillig, teilweise unwissentlich persönliche Informationen von sich preisgeben und dadurch“gläsern“ werden? Letztlich konnten wir auch keine endgültigen Antworten finden, aber ich habe das Gefühl, dass es für viele Teilnehmer/innen ein ergiebiger Tag war. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht… :-)
Für die Gäste der Tagung und alle anderen Interessierten habe ich die kurze Präsentation aus dem Plenum auch nochmal als .pdf-Datei zum Download bereit stehen.
Das ist ja bereits ein Vorlage für die Presse. Wenn die Blogs so schnell und so inhaltsreich daherfliegen, dann Hut ab! Ich habe mir die Stellungnahme ausgedruckt und nehme sie nicht nur in die Akte, sondern verschicke sie weiter, selbstverständlich mit Nennung des Autors…
Dank und Gruß
Albrecht Esche