Rezension „Atlas der digitalen Welt“

Für die aktuelle Ausgabe von Medien & Kommunikationswissenschaft habe ich den „Atlas der Digitalen Welt“ von Martin Andree und Timo Thomsen besprechen dürfen. Meine Rezension findet sich unten und auf den Seiten der M&K.

Um die Jahrtausendwende formierte sich an der Schnittstelle von Geographie, Informatik und sozialwissenschaftlicher Internetforschung das Feld der „Cybergeographie“. Bücher wie „Atlas of Cyberspace“ (Dodge/Kitchin 2001a) oder „Mapping Cyberspace“ (Dodge/Kitchin 2001b) befassten sich mit der räumlichen Dimension von Infrastruktur und Nutzung vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologien, aber auch mit den Topologien von „Multi User Dungeons“ und dreidimensional begehbaren „virtuellen Welten“. Das Titel des zu besprechenden Buches von Martin Andree und Timo Thomsen, „Atlas der digitalen Welt“, weckt zumindest beim Rezensenten Erinnerungen an diese Phase der Mediengeschichte und die Diskussionen darüber, wie sich unsere raumzeitlichen Bezüge im und mit dem Internet verändern (Schmidt 2005).

Das Buch hat allerdings einen anderen Anspruch – es kein „Atlas“ im Sinne eines Versuchs, die räumliche Dimension der digitalen Welt zu veranschaulichen, sondern eine Mischung aus Datenkompendium einerseits und Einführung in grundlegende Konzept der Medienökonomie und Mediennutzungsforschung zu digitalen Medien andererseits. Die beiden Verfasser, die in der Marktforschung und Strategieberatung tätig sind, haben es in vier große Abschnitte gegliedert, die sich verschiedenen Facetten der „digitalen Welt“ nähern, darunter etwa Analysen zur Konzentration von Aufmerksamkeit oder zu verschiedenen Nutzungsmodi und Aktivitäten (wie „Gaming“, Nachrichten“ oder auch „Pornographische Inhalte, Glückspiel, Wetten“). Ein weiterer Abschnitt fokussiert auf wichtige Social-Media-Plattformen, und im Abschnitt „Deep Dives“ werden etwa die Dominanz der vier großen Konzerne Facebook, Alphabet, Apple und Amazon oder auch die Blogosphäre näher untersucht.

Alle Teilkapitel enthalten zahlreiche, von Verena Bönniger sehr ansprechend gestaltete Diagramme und Visualisierungen, beschränken sich aber nicht auf die reine Sammlung von empirischen Daten. Vielmehr sind diese Kennzahlen eingebettet in erläuternde Passagen, die beispielsweise aus medienökonomischer Sicht erklären, wie es zu der hohen Konzentration auf einige wenige Angebote kommen kann, oder welche Segmente im „Purchase Funnel“ die genannten großen vier Konzerne besetzen. In diesen Teilen des Buches liegt auch sein Wert, der über eine rasch veraltende Bestandsaufnahme von Daten und Statistiken hinausweist und es zu einer lohnenswerten Lektüre für alle macht, die einen zugänglichen Einstieg in die Angebots- und Nutzungsvielfalt der digitalen vernetzten Medien benötigen.

Zitierte Literatur

  • Dodge, Martin / Rob Kitchin (2001a): Atlas of Cyberspace. Harlow/London.
  • Dodge, Martin / Rob Kitchin (2001b): Mapping Cyberspace. London/New York.
  • Schmidt, Jan (2005): Der virtuelle lokale Raum. Zur Institutionalisierung lokalbezogener Online-Nutzungsepisoden. Baden-Baden.

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