Mittendrin zur Monatsmitte (2024-12)

Der Adventskalender ist zwei Drittel geleert, aber hinter dem heutigen Türchen ist was Besonders: Der Dezember-Eintrag für „Mittendrin zur Monatsmitte“. Womit beschäftige ich mich zur Zeit?

  • Ende November war der Endbericht für die erste Förderphase des Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt fällig: In einer Reihe von Dokumenten – von einem knappen Kurzbericht bis zu einer ca. 25 Seiten langen ausführlichen Darstellung – mussten wir erläutern, was wir am Standort Hamburg zwischen 2020 und 2024 so getan haben. Das war gar nicht so einfach, weil in den vier Jahren ziemlich viel Forschungsleistung, aber auch Infrastrukturaufbau und Transferaktivitäten stattfanden. Ich zitiere mal aus dem Kurzbericht:

Die Arbeit am Standort Hamburg war in der ersten Förderphase in fünf Teilprojekten organisiert. Drei davon bearbeiteten inhaltlich motivierte Fragestellungen, die das übergreifende Erkenntnisinteresse des Standorts – Welche Rolle spielen Medien und Kommunikation bei der Herstellung oder Gefährdung gesellschaftlichen Zusammenhalts? – mit unterschiedlichen Zugängen spezifizierten. Aus Perspektive der Mediennutzungsforschung zeigte sich, dass die Medienrepertoires der deutschen Bevölkerung, also die musterhaften Kombinationen von Medienangeboten zu Informationszwecken, mit Indikatoren der sozialen Eingebundenheit sowie mit zusammenhaltsbezogenen Einstellungen zusammenhängen. Die Perspektive der Journalismusforschung erbrachte, dass journalistische Selbstbilder und bevölkerungsseitige Erwartungen an Journalist*innen sehr kongruent hinsichtlich zentraler Aufgaben der Profession sind, sich aber in den erkenntnistheoretischen Vorstellungen von Objektivität und Subjektivität in der Berichterstattung unterscheiden. Und die Arbeiten zur Rolle öffentlich-rechtlicher Medien für gesellschaftlichen Zusammenhalt zeigten, dass deren Integrationsauftrag zwar gegeben, aber weder im Medienstaatsvertrag noch aus dem Verfassungsrecht her klar bestimmbar, sondern von den beauftragten Rundfunkanstalten vor allem als Leitprinzip der Programmgestaltung zu berücksichtigen ist. In partizipativen Denkwerkstätten diskutierten Bürger*innen und Vertreter*innen gesellschaftlicher Gruppen das Spannungsfeld öffentlich-rechtlicher Medien, gesellschaftliche Vielfalt abzubilden und marginalisierte Identitäten wertschätzend zu repräsentieren, zugleich aber die Berichterstattung über Themen von breiter gesellschaftlicher Relevanz nicht zu vernachlässigen.

Daneben wurde in der ersten Förderphase das Social Media Observatory (SMO) als eine der zentralen Dateninfrastrukturen des FGZ aufgebaut. Es hat insbesondere Werkzeuge und Datensammlungen etabliert, die die kontinuierliche wie auch anlassbezogene Beobachtung sozial-medialer Öffentlichkeiten erlauben. Zudem steht es anderen Personen und Projekten im FGZ für Beratung und Unterstützung bei eigenen Vorhaben, die auf Social Media-Daten zurückgreifen, zur Verfügung. Über die Forschungs- und Infrastrukturprojekte hinaus hat der Standort Hamburg in der ersten Förderphase in zahlreichen und methodisch vielfältigen Transferaktivitäten Ergebnisse seiner Arbeit vermittelt, darunter bspw. transferorientierte Tagungen, Gastvorträge oder Podcast-Episoden. Angehörige des Standorts wirkten an zentralen Gremien (Institutsrat, Standort-Koordinatorenrunde) und Ausschüssen (Strategie, Transfer, Daten) sowie den Strategie-Klausurtagungen des Institutsrats mit, in denen die Arbeit am Fortsetzungsantrag für die 2. Förderphase koordiniert wurde.

  • Die Arbeit am Endbericht lief, während wir schon voll in der zweiten Förderphase stecken. Hier war ein Highlight der letzten Wochen, dass wir einen „Vernetzungsworkshop“ mit einer Reihe von Dialoginitativen organisiert haben – das sind Gesprächsformate, bei denen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten miteinander ins Gespräch kommen, ohne dass notwendigerweise am Ende ein Konsens oder Kompromiss stehen muss. Breit bekannt ist „Deutschland spricht„, aber es gibt zahlreiche weitere Angebote und Initiativen dieser Art, z.B. den „coSaturday“ oder die „Kiosk Connection“ in Hamburg. Der Workshop war ein erster Schritt, mit diesen Initiativen ins Gespräch zu kommen und über Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten zu sprechen; im kommenden Jahr werden wir das Thema vom FGZ aus weiter verfolgen.
  • Vor einigen Tagen hat die Bundeszentrale für Politische Bildung ein Online-Dossier zu den Auswirkungen von generativer KI auf politische Debatten und Prozesse veröffentlicht. Ich durfte einen Beitrag beisteuern, wie soziale Medien, insbesondere die großen Plattformen, schon seit längerer Zeit Verfahren des maschinellen Lernens einsetzen, um Inhalte und Informationen einerseits zu kuratieren andererseits zu moderieren: Schmidt, Jan-Hinrik (2024): KI in den Sozialen Medien. In: Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.): Dossier „Wenn der Schein trügt – Deepfakes und die politische Realität“. https://www.bpb.de/lernen/bewegtbild-und-politische-bildung/556000/ki-in-den-sozialen-medien/.
  • Und eine weitere Veröffentlichung steht kurz bevor: Bald erscheint die v2 der „Datenbank öffentlicher Sprecher„, die Medienangebote, Organisationen und Personen erfasst, die „in der Öffentlichkeit stehen“. Für diese öffentlichen Sprecher haben wir auch Social-Media-Accounts recherchiert – neben Twitter/, Facebook und Instagram nun auch TikTok – und weitere Metadaten erfasst. Unsere stille Hoffnung ist, dass die Veröffentlichung anderen Forscher/innen und Journalist/innen hilft, vor der Bundestagswahl im Februar 2025 eigene Beobachtungssysteme einzurichten.

Und was lese ich gerade nach dem Home Office? Das Buch „635 Tage im Eis“ fesselt mich als beeindruckende Schilderung der Antarktis-Expedition von Ernest Shackleton. Möglicherweise hätte ich das Buch besser im Sommer gelesen; im beginnenden Winter ist es doppelt beklemmend, von Menschen zu lesen, die auf Eisschollen fernab der Zivilisation gestrandet sind…

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