Im Online-Journal „kommunikation@gesellschaft“ ist ein neuer Aufsatz erschienen:
Die Zusammenfassung des Textes:
Der Beitrag beschäftigt sich mit Milblogs US-amerikanischer Soldaten aus dem Irakkrieg. In einem ersten Teil wird die Herangehensweise an Milblogs kurz erläutert: Milblogs werden als Teil einer Medienkultur um den Irakkrieg gelesen und in aktuelle Topoi der Kriegsdarstellung eingeordnet. Weiterhin werden einige sprachliche und narrative Besonderheiten des Milblogs besprochen, um mit einer Analyse und Interpretation des Milblogs Mr. Smash Goes to Washington zu schließen. Die Analyse zeigt exemplarisch, dass im Milblog starke Subjektpositionen sowie Authentizitäts- und Gültigkeitseffekte auf eine Ausdifferenzierung und Inkohärenz der Textformate, des Sprechers und der Inhalte treffen.
Ich habe in meinem Buch auch ein paar Bemerkungen zu Milblogs gemacht, konnte aber damals nicht wirklich im Detail untersuchen, wie diese Weblog-Form ihre ganz eigenen Praktiken im Umgang mit alltäglichen Erlebnissen, persönlichen Meinungen und den korrespondierenden Öffentlichkeiten herausbildet. Ganz besonders faszinierend finde ich in diesem Zusammenhang die Spannung, der die Weblogs der „einfachen Soldaten“ unterliegen – also derjenigen Militärangehörigen, die sich nicht als politische Kommentatoren oder journalistische Berichterstatter verstehen, sondern über ihr Weblog Verwandte und Freunde in der Heimat informieren möchten. Einerseits also der Prototyp des Online-Journals, andererseits aber durch die besonderen Umstände der Lebenssituation ihrer Verfasser hochgradig politisch aufgeladene Veröffentlichungen: Berichte über den Alltag in einem Kriegsgebiet haben eine Relevanz, die nicht mehr nur im Persönlichen liegt, und das interessierte Publikum kann schnell die kleinen Netzwerke von Verfasser und persönlich bekannten Personen sprengen. Hinzu kommt das, sagen wir: gespannte Verhältnis, das das Militär zu Offenheit und Transparenz hat – die Regulierung der Internetnutzung von Soldaten wäre mal ein interessanter Fall für eine kleine (Haus-, Diplom-)Arbeit.. :-). Passend dazu auch die Überlegungen von danah boyd in ihrem lesenswerten Essay „Viewing American class divisions through Facebook and MySpace„:
A month ago, the military banned MySpace but not Facebook. This was a very interesting move because the division in the military reflects the division in high schools. Soldiers are on MySpace; officers are on Facebook. Facebook is extremely popular in the military, but it’s not the SNS of choice for 18-year old soldiers, a group that is primarily from poorer, less educated communities. They are using MySpace. The officers, many of whom have already received college training, are using Facebook. The military ban appears to replicate the class divisions that exist throughout the military. I can’t help but wonder if the reason for this goes beyond the purported concerns that those in the military are leaking information or spending too much time online or soaking up too much bandwidth with their MySpace usage.
Und was ich auch schließlich noch interessant finde: Milblogging.com, ein einschlägiges Portal, listet derzeit etwa 1.850 Milblogs. 40 davon werden aus Deutschland heraus geführt; größtenteils von hier stationierten US-Soldaten oder ihren Angehörigen, doch auch eine Reihe von deutschen Autoren sind drunter. Nach einem kursorischen Blick scheinen die meisten aber inaktiv bzw. für Außenstehende nicht zugänglich. weiß jemand von derzeit aktiven und zugänglichen Blogs von deutschen Soldaten, möglicherweise auch aus Auslandseinsätzen (Kosova, Afghanistan o.ä.)? Oder gibt es bei der Bundeswehr offizielle Regularien, die das Führen eines Blogs einschränken (was ich nicht ausschließen mag, aber trotzdem nicht für wahrscheinlich halte, wenn ich mir das generelle Bewusstsein für Blogs hierzulande so anschaue)?