Anhörung: Web 2.0 in den Hochschulen

Kommende Woche Montag und Dienstag bin ich in Hagen bei einer Expertenanhörung der Hochschulrektorenkonferenz. Es geht dort um Erkenntnisse, Einschätzungen und Szenarien, wie Werkzeuge und Prinzipien des Web 2.0 möglicherweise auch in Hochschulen eingesetzt werden können.

Die Anhörung wird sich an einigen Leitfragen orientieren, und ich dachte, ich nutze Web 2.0-Prinzipien, um noch etwas mehr Input einzuholen: Unten steht der Fragenkatalog – wer von meinen geschätzten Leserinnen und Lesern Anregungen, Ideen, Vorschläge zu den einzelnen Punkten hat, möge sie doch bitte in den Kommentaren hinterlassen. Da ich ab heute nachmittag bereits unterwegs bin, weiß ich nicht, wie intensiv ich selbst mich in mögliche Diskussionen einbringen kann, aber ich werde Eure Anmerkungen selbstverständlich spätestens Montag vormittag sichten und dann in die Anhörung einspeisen – und hinterher natürlich auch von meinen Eindrücken berichten…

I. Soziale Netzwerke (Facebook etc.)

1. Welche Auswirkungen wird Web 2.0 auf die Hochschulstrukturen haben (z.B. Servicestellen zum Übergang Schule-Hochschule, Studienwahl, Studienberatung, Career Service, Psychotherapeutische Beratung, Studentische Fachschaften, Anwerbung von ausländischen Studierenden)?

2. Eigen sich interne „Hochschul-Facebooks“, z.B. für Serviceeinrichtungen?

3. Wie verhalten sich bzw. sollten sich die Hochschulen zu existierenden Sozialen Netzwerken, z.B. StudiVZ, Facebook oder anderen studentischen Initiativen verhalten (Integration, Schaffung von Schnittstellen, Abgrenzung)?

[hierzu noch weitere Fragen von mir: 3a) Kennt jemand Beispiele von offiziellen Hochschulseiten in Netzwerkplattformen? 3b) Welche offenen Standards – denn die sollten m.E. Hochschulen proprietären Plattformen vorziehen – wären geeignet, um Schnittstellen zu schaffen?]

II. Wikipedia & Wikis

4. Was bedeutet die Existenz von Wikipedia für die Hochschullehre? Kommt es evtl. zu einer größeren Bedeutung methodisch-didaktischer Fähigkeiten der Lehrenden anstelle der inhaltlich-fachlichen Kompetenz?

5. Nehmen Hochschullehrende bereits an Wikipedia teil? ((Aber hallo! :-) )) In welcher Form? Sollten sie künftig dazu ggfs. von der Hochschulleitung angehalten werden? ((Sehr spannende Frage, bei der man rasch bei den Voraussetzungen für wiss. Reputation in der digitalen Gesellschaft landet!))

6. Können spezifische „Hochschul-Wikis“ einen Mehrwert z.B. für Wissensprozesse innerhalb der Hochschulen bzw. für die Profilierung der Hochschulen erbringen?

III. Reflexion der Partizipation an Web 2.0

7. Wie wichtig sind die im Web 2.0 propagierten Prinzipien der Freiwilligkeit, Hierarchiefreiheit für das Funktionieren bzw. den Erfolg von Web 2.0-Angeboten ((Natürlich sind alle Kommentare von Euch zu diesen Fragen freiwillig, sie werden nicht benotet und gehen nicht ins Abschlußzeugnis ein.. ;-) ))?

8. Halten diese propagierten Prinzipien der Realität stand (z.B. Geschäftsbedingungen, Löschung von Einträgen)? Inwiefern wirken sich Eingriffe auf die Partizipation aus?

9. Sind Auswirkungen des Web 2.0 auf wissenschaftliches Arbeiten zu erwarten? Sind Vorkehrungen hinsichtlich wissenschaftlicher Qualitätssicherung erforderlich (Stichworte Plagiatismus, Maßstäbe für Originalität, kognitive Leistungen, kompilatorische Kreativität)?

29 Kommentare

  1. Die Fragen 7 bis 9 finde ich am spannendsten, da sie über eine Bewertung einzelner Tools bzw. Plattformen hinaus geht. Mich würde eine Stellungnahme der Hochschulrektorenkonferenz zum Thema Open Educational Resources (OER) sehr interessieren.

    Als Einstieg zum Thema OER empfehle ich insbesonders die Cape Town Open Education Declaration, die OECD-Studie „Giving Knowledge for Free: The Emergence of Open Educational Resources“ sowie die OLCOS Roadmap 2012 für die Europäische Union.

    Ist dies ein Thema welches du bei der HRK-Expertenanhörung anbringen kannst? Würde mich sehr freuen!

  2. Das ist ein weites Feld… würde Vater Briest jetzt sagen.

    Ein Engagement in bestehenden Netzwerken sehe ich etwas skeptisch. Einzig im Punkte der Studierendenwerbung kann ich mir vorstellen, dass das etwas bringen würde. Für den tatsächlichen Ablauf von Verwaltung und Lehre sehe ich auf den ersten Blick kaum Schnittmengen.

    Vielleicht kurz ein Bericht aus unserem Hochschulalltag. In Gießen wird mittlerweile in großem Umfang auf die Plattform stud.IP gesetzt, die vieles stark vereinfacht. Die Dozenten können allen angemeldeten Studenten ihres Kurses E-Mails schicken, Foren und Wikis sind ebenso integriert wie eine eigene Literaturverwaltung. Es können Gruppen (für Referate, etc. ) angelegt werden, die dann miteinander kommunizieren und Dateien austauschen können.

    Das System hat auch Anflüge eines sozialen Netzwerks, auch wenn die Funktionen nicht von allen Studierenden genutzt werden. Ein schwarzes Brett zum Beispiel erfreut sich aber großer Beliebtheit.

    In einem Lehrforschungsprojekt haben wir die Teilaufgabe bekommen, den Wikipedia-Eintrag des Themas auf Vordermann zu bringen. Ein interessanter Einstieg.

  3. Mir kam das OER-Thema auch spontan in den Sinn: Die Frage der offenen Zugänglichkeit von Bildung(sressourcen) ist derzeit wohl eine der wichtigsten, wenn man über Web 2.0 und Bildung diskutiert. Im Rahmen unserer w.e.b.Square-Aktivitäten haben wir übrigens eine Befragung unter Studierenden durchgeführt: Etwa zwei Drittel von ihnen haben großes Interesse daran, wissenschaftliche Arbeiten im Internet abrufen zu können; ein Großteil von ihnen wäre auch bereit, eigens erstellte Inhalte im Internet zur Verfügung zu stellen – das nur mal als Input von Studierendenseite.

    Viele Grüße aus Augsburg,

    Sandra

  4. Moin,

    ich werfe mal meine unsortieren Gedanken dazu hier ab ;-)

    > 1. Welche Auswirkungen wird Web 2.0 auf die Hochschulstrukturen haben

    Bei dieser Fragestellung möchte ich schon die Heransgehensweise der HRK in Frage stellen. Ich finde, hier spürt man förmlich die Angst for dem Web 2.0. Besser wäre es, wenn man nach den Chancen und Möglichkeiten fragt.

    > 3. Wie verhalten sich bzw. sollten sich die Hochschulen zu existierenden Sozialen Netzwerken, z.B. StudiVZ, Facebook oder anderen studentischen Initiativen verhalten

    Hochschulen sollten darauf achten, keine »Walled Gardens« zu unterstützen oder gar zu schaffen. Also beispielsweise sich nicht exklusiv auf iTunes engagieren (oder Alternativen nur halbherzig unterstützen).

    > 3b) Welche offenen Standards – denn die sollten m.E. Hochschulen proprietären Plattformen vorziehen – wären geeignet, um Schnittstellen zu schaffen?]

    Es gibt genügend offene Standards, man muss die nur unterstützen wollen ;-) Okay, im Social Web-Bereich fallen mir spontan OAuth, openmicroblogging und OpenID ein. XMPP sollte man auch immer im Hintergrund behalten, selbst Google Wave baut darauf auf.

    > 4. Was bedeutet die Existenz von Wikipedia für die Hochschullehre? Kommt es evtl. zu einer größeren Bedeutung methodisch-didaktischer Fähigkeiten der Lehrenden anstelle der inhaltlich-fachlichen Kompetenz?

    Was ist denn eine inhaltlich-fachliche Kompetenz und was ist mit methodisch-didaktischen Fähigkeiten gemeint? Die Frage klingt für mich ein wenig verschwurbelt, ich würde aber gerne den Hintergrund verstehen.

    > 5. Nehmen Hochschullehrende bereits an Wikipedia teil? In welcher Form? Sollten sie künftig dazu ggfs. von der Hochschulleitung angehalten werden?

    Vielleicht ist es nicht ganz so klug, Wikipedia und Wiki-Prinzip gleichzusetzen? Ansonsten kommt man auf den Gedanken, Wikis wären immer diese recht einfach aufgebauten Lexika.

    > 6. Können spezifische “Hochschul-Wikis” einen Mehrwert z.B. für Wissensprozesse innerhalb der Hochschulen bzw. für die Profilierung der Hochschulen erbringen?

    Wikis können auch in der Lehre eingesetzt werden. Stichwort Communal Constructivism.

    Es gibt auch die Idee, Lehrbücher auf Wikibasis zu erstellen. Eigentlich eine sehr charmante Möglichkeit, und selbst Stiftung Warentest hat ja schonmal festgestellt, dass in Schulbüchern zum Teil heftige Fehler schlummern.

    > 7. Wie wichtig sind die im Web 2.0 propagierten Prinzipien der Freiwilligkeit, Hierarchiefreiheit für das Funktionieren bzw. den Erfolg von Web 2.0-Angeboten

    Dazu fällt mir Reinmann und Binanco ein, die etwas auf Basis der Selbstbestimmungstheorie erarbeitet haben: Knowledge Blogs zwischen Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit

    > 9. Sind Auswirkungen des Web 2.0 auf wissenschaftliches Arbeiten zu erwarten? Sind Vorkehrungen hinsichtlich wissenschaftlicher Qualitätssicherung erforderlich (Stichworte Plagiatismus, Maßstäbe für Originalität, kognitive Leistungen, kompilatorische Kreativität)?

    Ich glaube, die in den letzten Jahren aufgedeckten Betrügerein in wissenschaftlichen Arbeiten sind ganz ohne Web 2.0 ausgekommen. Vielleicht ist das Web 2.0 ja im Gegenteil eine Chance, Transparenz zu erhöhen?

    -Tim


  5. Irgendwie lesen sich die Fragen nicht gerade spannend ;-)
    OER sind in Deutschland nach meinem Eindruck noch nicht richtig angekommen, von daher kann ich den Vorschlag von Basti nur unterstützen, nicht nur weil OER den kooperativen Aspekt des Lernens, der auf Austausch und Teilen basiert, hervorheben.
    Leider ist die (Hoch-)Schulrealität weit weg von dieser ‚Lernkultur‘ ein gegenstandsadäquater ‚Einsatz von Web 2.0‘ an Hochschulen steht und fällt mit den Rahmenbedingungen, insofern ist Frage die Antwort auf Frage 7 einfach: Ohne die Prinzipien der Freiwilligkeit, Hierarchiefreiheit können Web 2.0 Angebote keinen Erfolg (Erfolg für wen eigentlich, Lernende, Lehrende, Institute?) haben.
    Frage 6 ist ein gutes Beispiel für die in Institutionen vollkommen verquere Denkstruktur, es geht nicht um Inhalte und Lernende, sondern um die Profilierung von Hochschulen, dazu fällt mir wirklich nichts ein…..

  6. Absolut spannende Sache, dass man sich mit dem Web 2.0 näher auseinandersetzen möchte. Im Rahmen der Lehre an Hochschule ist es aller höchste Zeit.

    Zwei Antworten, die mir aus dem Stehgreif einfallen:

    zu 1.1) I.m.A. bieten sich soziale Netzwerke grundsätzlich zu Bereitstellen von Infos an: Podcasts von Vorlesungen, Skripte, (Haus) Aufgaben und Co.
    Außerdem eine sehr gute Möglichkeiten bieten SN für ein gutes und breit aufgestelltes Alumni-Management.

    zu 3a) Meine alte Uni: Hawaii Pacific University: http://www.facebook.com/group.php?gid=2384382701&ref=ts#/hawaiipacific?ref=ts

  7. Auch ich muss hier jetzt noch schnell ein paar unsortierte Gedanken loswerden.

    Ich finde der Fokus sollte weniger auf Wikipedia und Wiki gesetzt werden.

    Zur Kommunikation und Kollaboration in den nächsten Jahren lohnt sich ein Blick auf google wave. Es muss ja nicht unbedingt google sein, da gibt es ja viele Skeptiker. Es geht mir vielmehr um das Prinzip. Meiner Meinung nach bräuchte eine Hochschule eher einen eigenen „Waveserver“ oder ähnliches als die zehnte Variante eines hochschuleigenen Studienverwaltungstools ala StudIP etc.

    Stichwort Nachhaltigkeit: Wie geht man mit der Tatsache um, dass Studenten ihre Hochschule wechseln und/oder verlassen. Wem gehören die Daten? Wie kann der Student sie mitnehmen.

    Stichwort Meinungsfreiheit vs. Maulkorb (7. & 8.): Wie geht man mit studentischer Kritik an der eigenen Hochschule um?
    Läßt man diese auf der hochschuleigenen Plattform oder gehosteten Studentenblogs zu. Zensiert man?
    Bei Wort Maulkorb fällt mir übrigens der Maulkorberlaß an der Uni Hamburg ein, dementsprechend solle man auch Hochschulmitarbeiter in meine vorangegangen Ausführungen miteinbeziehen.

  8. zu II,4: Die Fragestellung „Kommt es EVTL. zu einer größeren Bedeutung methodisch-didaktischer Fähigkeiten der Lehrenden ANTSTELLE der inhaltlich-fachlichen Kompetenz?“ (Hervorh. von mir) ist ja fast nicht zu glauben! Der Dualismus, der da im Verständnis von professioneller Kompetenz zur Organisation von Lehr-Lernprozessen zum Vorschein kommt, ist von vorgestern – und war schon damals falsch. Die allgemein fehlende Hochschul-Lehrkompetenz wurde schon in der Buchgesellschaft (sogar schon zu Humboldts Zeiten explizit und öffentlich!) zurecht bemängelt und die obige Entgegensetzung später in den Debatten der 1970er Jahre breit ad acta gelegt – allerdings bislang offenbar immer noch ohne Auswirkungen auf die Praxis, die dadurch immer wieder das alte duale Verständnis reproduziert. Im derzeitigen Übergang zur Wissensgesellschaft/Informationsgesellschaft/Sinngesellschaft haben sich die gesellschaftl. Konsequenzen dieses Mangels deutlich verschärft. Unter den Bedingungen des neuen Leitmediums muss nun auf einer höheren Stufe nachgeholt werden, was auf der alten noch nicht einmal ausreichend umgesetzt wurde, nämlich das (emphatisch Humboldtsche) „Lernen Lernen“ (der Buchgesellschaft). Die Aufgabe auf der neuen Stufe heißt aber jetzt: „Lernen des Lernen Lernens“, bzw. Reflexives Lernen. Web 2.0 wirkt dabei zur Durchsetzung als Katalysator. Und OHNE dieses Medium ist die Entwicklungsaufgabe des Systems Hochschule gar nicht machbar. Konkret und bezogen auf das einzelne psych. System: „inhaltlich-fachliche Kompetenz“ eines Lehrenden (wie auch des Lernenden) ist OHNE „methodisch-didaktische“ für das Lernen schon immer wertlos gewesen. Heute – unter den Bedingungen des Leitmedienwechsels – kommt hinzu: Wer als Lehrender die Stufe des reflexiven Lernens selbst nicht erreicht, weil er auf die Bildung seiner eigenen Web 2.0-„Literacy“ verzichtet, kann nicht einmal mehr das Lernen Lernen lehren.

  9. Die bisherige Diskussion zeigt wohl, dass schon die Fragen falsch gestellt sind. Mir fällt dabei auf, dass die HRK von Web 2.0 _in_ den Hochschulen spricht. Ich denke man sollte Web 2.0 _an_ Hochschulen sagen. Warum? Weil es sich um kein geschlossenes System handelt, sondern angegliedert wird und über einzelne Hochschulen hinaus geht.

    Natürlich haben auch uni-interne Netzwerke ihren Sinn, etwa für Benotung oder Evaluation, tatsächliche Partizipation und Mehrwert erzielt man jedoch nur, wenn sich die Unis nach außen öffnen. Dazu ein weiterer Lesetipp: „Opening Up Education — The Collective Advancement of Education through Open Technology, Open Content, and Open Knowledge“ (MIT Press).

  10. ich schließe mich den vorrednern durchwegs an: die fragen sind insgesamt wenig weiterführend, weil sie aus der binnenlogik des lehrsystems heraus gestellt sind.

    das verfehlt den umbruch, den das web 2.0 (und die folgen) für die bildungslandschaft insgesamt und die hochschulen im besonderen bringen werden.

    wenn die hochschulen dabei eine proaktive und konstruktive rolle einnehmen wollen, was anzuraten wäre, sollten sie sich auf ihre zentrale stärker besinnen: ein knotenpunkt zu sein, der sehr viele begabte, wissbegierige, energische menschen zusammenbringt.

    hier sollte die hochschulen vor allem selbstlern-projekte mit initiieren und mit den eigenen formalen angeboten (auch zertifizierungen!) vernetzen.

  11. Hallo zusammen,

    erst mal: Hut ab vor der Rektorenkonferenz! Es ist nicht selbstverständlich, dass sie sich dieses Themas annimmt. Und ich lesen nicht nur die Angst vor einer Bedrohung heraus, sondern durchaus auch die Offenheit für Neues (also die Einrichtung eines „Hochschul-Facebooks“ o.ä. :-)).

    Allerdings merkt man schon, dass die Fragen nicht unbedingt auf eigener, intensiver Erfahrung mit dem Web 2.0 beruhen. Deshalb ja vermutlich auch die Anhörung von Experten.

    Allgemeine Ratschläge auf diese Fragen kann man vermutlich nicht geben. Entscheidungen müssen schließlich die Rektoren in ihren ganz konkreten Kontexten zu ganz bestimmten Fragestellungen selbst treffen. Und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass diese Entscheidungen holprig, naiv und falsch sein werden, wenn sie auf Unerfahrenheit beruhen. Eigentlich müsste man die Rektoren fragen: Wer von Ihnen hat einen Facebook-Account? Wer von Ihnen hat schon mal was in Wikipedia geschrieben? Wer von Ihnen bloggt regelmäßig? Wer von Ihnen ist in einer Online-Community? Wer von Ihnen kommentiert regelmäßig im Web? Derjenige, der das macht, wird vermutlich ordentliche hochschulpolitische Entscheidungen bei Web-2.0-Fragen treffen. Derjenige, der das nicht macht, wird in Fettnäpfchen treten. Also, Tipp für die Rektoren: Selbst ins Web 2.0 stürzen, ausprobieren, mitmachen.

    Viele Grüße,

    Christian

  12. Äußerung zu einigen der oben genannten Fragen:

    Zu 2. & 3.
    Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist eigene Strukturen zu etablieren, die bereits bestehende Strukturen (wie. z.B. Facebook) nachbilden. Der große Vorteil bei Web 2.0 angeboten besteht meiner Ansicht nach darin, dass sie Metastrukturen schaffen, an die sich andere andocken können. Was nützt es mir als Nutzer, wenn alle Hochschulen, Sportvereine, Parteiverbände etc. ihr eig. Facebook erschaffen – sinnvoller erscheint es mir da, sofern rechtlich möglich die etablierten und erfolgreichen Strukturen zu nutzen.

    Zu 5.
    Die cleveren schon ;). Ernsthaft: Man kann so eine Struktur nicht per Dekret einfordern – die Hochschule kann sich dafür einsetzen, dass die Möglichkeiten und Chancen immer wieder aufgezeigt werden, indem Hochschuldozenten geladen werden, die solche Methoden Gewinnbringend einsetzen…

    Zu. 6.
    Nur wenn sie sich nach außen öffnen bzw. offen bleiben – wer im eigenen Süppchen kocht hat von einem WIKI gar nichts ! Besser meiner Meinung nach sich in bestehende Strukturen sinnvoll einklinken…
    WikiMedia ist bekannt dafür Projekten von außen offen gegenüber zu stehen…

    Ansonsten – nicht den Fehler machen nur von außen zu gucken und dann zu entscheiden… Am besten die Community an den Entscheidungen beteiligen / befragen etc.

    Viel Erfolg

    Sönke

  13. Hallo,

    werde es kurz machen. Erstmal vielen Dank, dass du uns einbeziehst in den Anhörungsprozess.

    Der ganze Kram, der die interne Kommunikation verbessert ist schön und gut – das wird von alleine mehr oder weniger gut genutzt. Da sollen sich die einzelnen Hochschulen Berater einkaufen oder ihre Hochschulrechenzentren fragen.

    Wenn es eine Botschaft gibt, die wert ist vor den versammelten Rektoren zu verkünden, dann:

    „Ihr müsst euch öffnen – Inhalte müssen öffentlich gemacht werden!“

    Es kann nicht sein, dass Professoren Mitschnitte ihrer Vorlesung in Deutschland verbieten. Dass sie sich selbst engagieren eine Aufzeichnung zu veröffentlichen, daran mag man kaum denken.

    Liebe Rektoren! erarbeitet SOFORT eine Strategie –  oder am besten fang einfach an so viele Vorlesungen, Seminare und Vorträge, wie möglich auszuzeichnen und ins Netz zustellen! Bessere Modelle werden sich dann schon entwicklen.

    Argumente

    1) Transparenz der Lehrleistung, Kontrolle und Vergleichbarkeit!
    – kann einen ganz neuen dynamischen Wettbewerb zwischen Professoren entfachen

    2) Marketing für die Hochschule selbst!
    – Jede Hochschule kann dadurch ein eigenes int. Profil + Bekanntheit erreichen/ schärfen

    3) Jeder muss an staatlichfinanzierten Wissen profitieren können!
    – es gibt da keine Ausrede
    – minimale Mehrkosten und unglaubliche Chancen und Potenzial

    Also: YouTube-Kanal für jede Hochschule!
    Frage mal in den Raum, wer sich das vorstellen kann? Wer es schon hat? Welche Gründe dagegen sprechen?

    In diesem Punkt schließe ich mich also Basti also völlig an. Da würde da sehr fordernd auftreten und auf einen großen Mißstand hinweisen.

    So kann es nicht gehen!

    Irgendwelche Ängste und merkwürdigen Vorbehalte gegen das Netz verhindern vielfach, dass gute Inhalte für ALLE zugänglich gemacht werden. Eine klare Leitlinie von der Hochschulrektorenkonfernz in diesem Punkt könnte mutige Professoren stützen. Und könnte ein klares Bekenntnis nach Studiengebühren und Bachelor-Quatsch für einen letzten Funken Gerechtigkeit und Chancengleichheit im deutschen Bildungswesen sein.

    So Ende des Plädoyers!
    Viel Erfolg…!

    Ach, und lass dich nicht so auf Fachsimpeleien ein, das mag deine Expertenstatus verlagnen, doch ich würde mir sehr wünschen, dass du dort eine klare Botschaft transportierst – sie irgendwie mitreißt. Reden und Konferieren – das machen die den ganzen Tag, passieren tut viel zu wenig! Brenn dich in Gewissen und Gedächtnis… ;-)

  14. Ja, die Fragen hören sich oft eher „getrieben“ und ängstlich an, aber insgesamt bin ich eher positiv überrascht, dass die HRK sich überhaupt mit dem Thema beschäftigt.

    Jan, es wäre toll, wenn Du ausführlich berichtest. Wer wird noch als Experte angehört? Wer sind die Anhörenden – tatsächlich Hochschulrektoren? Oder ist das so etwas wie eine Arbeitsgruppe? Wen also interessiert das auf HRK-Seite?

  15. Sehr interessante Kommentare!
    Statt weiterer Tipps nur ein paar berichtete Erfahrung aus der Diskussion des Web-Themas im Bereich der (wissenschaftlichen) Bibliotheken in Deutschland. Vielleicht gibt es ja mehr oder weniger aufschlußreiche Analogien zur Diskussion in und mit den Hochschulen?
    Das Weiterentwicklung des Webs ist an den Bibliotheken lange für ein Marketing-, Kontrollverlust- und Defizit-Thema gehalten worden, und es war und ist ziemlich viel Arbeit nötig, um das zu ändern.
    Marketing: Das Web wird als Gimmick, bestenfalls als Plattform einer (ansonsten traditionell organisierten) Aussendarstellung betrachtet. Implizit: Darüber länger nachzudenken oder darin zu „investieren“ lohne sich kaum, da nur eine weitere Modewelle. Oft ergänzt um eine wenig phantasievolle, technisch verkürzte Sicht auf das, was sich durchs Web verändert. („Unsere Bibliothek hat jetzt auch einen RSS-Feed!“)
    Kontrollverlust-Topos: Das eigene Bild und die „eigenen“ Informationen / Informationsströme hüten zu wollen ist leider immer noch eine verbreitete Haltung. Daß es einen radikalen Bruch in der Informationsökonomie gibt und Informationen heute auf andere Weise „wertvoll“ gerade weil frei verfügbar, nachnutzbar und remix-bar sind, ist in Bezug auf Open Access vielen klar – daß das aber auch für die eigene Institution und deren Informationsprodukte (im Falle von Bibliotheken: z.B. Scans oder klassifikatorische und dokumentarische Metadaten in Online-Datenbanken) gelten soll eher weniger.
    Und last not least die Idee, die aktuelle Medienrevolution drücke sich vor allem in Defiziten aus, bis hin zu einer behaupteten Dichotomie „Bibliothek versus Internet“. Das ist das vielleicht schwerwiegendste Problem. Es steht einfach einer offenen Haltung entgegen. Statt z.B. nur Plagiarismus-Probleme zu wittern wäre es ja wichtig, neugierig zu sein und anzugucken, was z.B. junge WissenschaftlerInnen in und mit dem Web alles machen, und sich dann zu überlegen: Was heißt das für uns? Sind wir (für die Bibliotheken gesprochen) nicht Leuchttürme der Information, in denen die Auseinandersetzung über und mit Information gebündelt und kontinuierlich gehalten wird? Verspricht uns das Internet-Zeitalter nicht eher eine neue Renaissance, für die wir uns öffnen und umbauen müßten?
    Ok, die HRK befürwortet Open Access – zumindest appellativ. Sie stellt sich die oben genannten Fragen – und das ist, wie Christian schon gesagt hat, nicht zu verachten, gar keine Frage. Aber wie Christian auch sagt: Eigene Erfahrungen mit diesen neuen Medien wären wichtig. Also z.B. bestimmte Praktiken kennenzulernen, KollegInnen aus dem eigenen Arbeitsfeld über die Schulter zu gucken, die damit bereits „ernsthaft“ arbeiten, etc.
    Sich solchen Erfahrungen zu öffnen wäre ein wichtiger Schritt, läßt sich aber schlecht als Maßnahme durchführen o.ä. An den Bibliotheken haben wir gerade ein paar Mini-Erfolge mit Web-Selbstlernprogrammen von und für KollegInnen (jüngstes Beispiel: http://bibliothek2009.wordpress.com/uber-lernen-20/), die sich sozusagen „viral“ verbreiten, und mit Mund-zu-Mund-Propaganda für Workshops, in denen zumindest eine gewisse Berührungsangst abgelegt werden kann. Vielleicht taugt sowas ähnliches auch für Hochschulen bzw. HochschulleiterInnen?
    Auf jeden Fall viel Spaß bei der HRK!

  16. Ui, jetzt habe ich so lange getippt, daß ich die letzten vier oder fünf Kommentare vor meinem Kommentar verpaßt habe…
    Sinas Idee ist super: Reduzieren auf eine Kernaussage – und das sollte bestimmt sowas wie Open Access für alle an den Hochschulen produzierten Lehrmaterialien sein, und am besten gleich als YouTube-Channel! Das ist ja nicht nur eine sehr sinnvolle Forderung, sondern an dieser einen Forderung läßt sich das ganze Thema exemplarisch abhandeln, einschließlich aller zu erwartenden Fragen und Widerstände.

  17. So, das Wesentliche scheint aus meiner Sicht gesagt:
    # Aufforderung zur aktiven Teilhabe am Web 2.0
    # Open Education – die Walled Gardens verlassen und sich als Netzwerkknoten an der globalen, kollektiven Intelligenz beteiligen
    # Öffnung des Entscheidungsprozesses – Stichwort Transparenz – geheime Expert/innen für Anhörungen sind nicht mehr state-of-the-art – diese Diskussion muss offen geführt werden
    # Web 2.0 nicht als externes Medium, sondern als internen Prozess verstehen
    # Nicht neue Systeme schaffen (ähnlich des 800. hochschulinternen LMS), sondern bestehende nutzen: So sympathisch und wünschenswert ein Social Network auf Open Source-Basis wäre – a) lässt es sich nicht am Reißbrett entwerfen und b) würde es nur als globale Initiative Sinn machen. Der Vorteil von Facebook ist diese gigantische, gelebte Internationalität. Mit einem Klick bin ich in Diskussionen zu jedem beliebigen (Fach-)Thema am anderen Ende der Welt beteiligt. Es ist absehbar, dass die FB-Bevölkerung wirklich zum größten Land der Erde sich entwickelt – ein wahrhaft globales Dorf, das auf Freiwilligkeit beruht.
    # Möglichst vielseitige Integration der tagtäglich produzierten Inhalte in alle möglichen Plattformen. Getreu dem Leitsatz David Weinbergers: Den Filterprozess nicht auf dem Weg in das Web setzen, sondern erst auf dem Weg zu den Menschen ermöglichen.
    # Zwischenzeitlich umfasst das Web die gesamte Welt – ob die Hochschulen es wünschen oder nicht. Sie haben nur eine Wahl, die Welt mitzugestalten: Einfach hineinbegeben und mitmachen!
    # Was will Lehre im 21. Jahrhundert erreichen? Warum nicht bestehende Systeme nutzen? Warum im geschlossenen Rahmen kompetitiv agieren? Selbstverstänlich kann Lehre im existierenden Web erfolgen – btw. lernen die Studis gleich, sich in der Welt draussen für das lebenslange Lernen zu rüsten.

    Soviel zu meinen Stichwörtern zum Thema…
    Viel Spass bei der Vermittlung des 2.0-Ansatzes :-)

  18. Hochschulen sollten endlich die passive Rolle einer veralteten „me-too-Strategie“ aufgeben, mit der sie den jeweils aktuellen Hypes der IT-Industrie hinterherrennen (e-Learning, Blended Learning, Web 2.0, Semantic Web usw.). Vielmehr sollten Hochschulen als Innovatoren wirken, die aus den Merkmalen qualitativ hochwertiger Lehre und Forschung spezifische Anforderungen an webgestützte Werkzeuge ableiten, die Lehre und Forschung optimieren könnten. Web 2.0 als Selbstzweck und als schon fast wieder veraltete Marketingstrategie der IT-Industrie kann den Universitäten keinen Wettbewerbsvorteil bringen. Weitere Begründungen für diese Haltung finden sich in meinem Blogartikel: „Die E-Learning-Industrie hinkt den Potenzialen innovativer Pädagogik deutlich hinterher“: http://bit.ly/2kvtpU

  19. Author

    Ich bin begeistert – ganz herzlichen Dank für die vielen fundierten und hilfreichen Anmerkungen. Ich werde sie morgen auf der Zugfahrt nach Hagen sortieren und mit meinen Gedanken zusammen werfen.

    Selbstverständlich werde ich auch berichten; ich kann allerdings leider noch nicht zusagen, wieviel ich tatsächlich direkt nach der Anhörung Mo/Di schreiben kann. Es soll wohl auf der Grundlage unserer Diskussionen eine Empfehlung der HRK an die Hochschulen geben; ich werde auf jeden Fall nachfragen, was ich wann hier schon mal vorab anreißen darf.

  20. Zu 1 (Auswirkungen auf Hochschule):
    Das hängt ganz von den Entscheidungsträgern ab. Handeln sie proaktiv wird es viel positive Auswirkungen haben (Leadership im Feld). Wenn nicht, fallen die positiven Auswirkungen bei den anderen an, die es machen.

    Zu 2 (Uni-Facebook):
    Das ist ja eigentlich der Ursprung von facebook gewesen, vergisst man langsam, aber ist so. Der Aufwand an mehreren SNS teilzunehmen ist vermutlich zu hoch. Das populärste gewinnt, das wird vermutlich nicht das SN der Uni sein.

    Zu 3 (Konfrontation oder Kooperationmit anderen SNS):
    Man kann ein SN nicht annektieren, aber man kann sich selbst dort einbringen. Zum Beispiel ein Uni-Bibliotheks-Widget für facebook was man grade ausgeliehen hat oder liest. Einen Datenabglich von der Hochschule Richtung facebook halte ich für eher unwahrscheinlich.

    Zu 3a (Unis in SNS):
    Mir fällt nur iTunes U ein, aber das ist kein klassisches SN, ebensowenig wie die Niederlassungen in Second Life.

    Zu 3b (Standards u. Schnittstellen):
    Freiwilliges Angebot/Einbindung von facebook id und twitter id in bestehende Dienste.

    Zu 4 (Wikipedias Existenz):
    Wikipedia-Inhalte werden immer noch extrem kontrovers beurteilt und oft verteufelt. Aus meiner Sicht bedeutet die Existenz einer freien Online-Enzyklopädie ein Geschenk für die Wissenschaft. Andere sehen das anders!

    Zu 5 (Wikipedia-Pflicht):
    Ein verordneter Zwang zum Schreiben in der Wikipedia sollte niemals geschehen. Das würde zum Bumerang erster Kajüte!

    Zu 6 (Uni Wikis):
    Sind eine gute Sache für alles wo es um die Optimierung von Prozessen durch Informationszugang geht wie z.B. Einschreibung, Buchausleihe, Auslangssemester, Bafög, Beratungsstellen usw. geht. In einzelnen Fachbereichen könnte man auch über Fachwikis nachdenken, aber da werden denke ich heftigere Edit-Wars stattfinden als in der Wikipedia. ;-)

    Zu 7 (2.0-Zwang oder Freiwillig):
    Die genannten Prinzipien sind absolut unumstößlich. Man denke nur mal drüber nach in der Wikipedia hätte in Unternehmer mehr Rechte als ein Angestellter. Die Motivation wäre nullkommanull da mitzumachen.

    Zu 8 (2.0 Freiheit praktikabel?):
    Definitiv ja! Das lässt sich alles machen. Es hängt aber an den Menschen nicht an der Technologie. Wer Angst hat vor Blog-Vandalen und sich nicht traut das sozial zu regeln, der wird keine Technik finden, die ihm dieses Problem abnimmt. Soziale Eingriffe werden sogar erwartet!

    Zu 9 (2.0 Influence auf Science):
    Ist definitiv vorhanden, Google Books, Online Bibliotheken, Slideshare, Blogs, Feedreader, Online-Literaturdatenbanken, Wikipedia, leo.org, usw.
    Die Werkzeuge verändern allerdings auch das Produkt, das schneller entstehen kann, weil die Kosten und die Zeitaufwände der Recherche geringer werden. Die gewonnene Zeit kannin Qualität gesteckt werden, ob sie dafür aber tatsächlich verwendet wird steht aufeinem anderen Blatt.

    Wow, waren das viele Fragen. Gute Fragen!






  21. Ich habe bis vor 2 Jahren in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt zum Wissensmanagement gearbeitet. Selbst wir hatten damals nahezu keine dieser Web 2.0 – Instrumente genutzt (außer Serverplatz für Dateien und die übliche verdächtige IT). Die Koordination des Forschungsverbundes war eine grausige Angelegenheit.

    Viele der damaligen Probleme wären einfach gar nicht in Erscheinung getreten, wenn wir Blogs, Wikis und vor allen Dingen Microblogging (ja, das ist das neue Ding) verwendet hätten.

    Also für die F&E kann ich nur sagen: Web 2.0 – Verweigerer kommen gleich nach PC-Verweigerer (ja genau: nach denjenigen Akademiker, die noch mit ihrer Schreibmaschine hantieren)

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