Inzwischen bin ich zurück von der Expertenanhörung bei der Hochschulrektorenkonferenz, genauer gesagt: bei ihrer Kommission „Neue Medien und Wissenstransfer“. Ziel der zweitägigen Veranstaltung war, Überlegungen zum Verhältnis von „Web 2.0“ und Hochschulen anzustellen; sowohl was die faktische Nutzung als auch wünschenswerte Entwicklungen angeht. In Rücksprache mit den Anwesenden kann ich einige Bemerkungen bloggen – und mich damit auch zumindest ein wenig für die große Resonanz revanchieren, die meine Anfrage nach Input zu den Leitfragen erzeugte. Auf Twitter wurde und wird übrigens auch über die Veranstaltung diskutiert.
Geladen waren recht unterschiedliche Personen als Vertreter ebenso unterschiedlicher Interessensgruppen: Zur Einführung präsentierte Bernd Kleimann (HIS) Ergebnisse einer Studierenden-Befragung vom Herbst 2008, die ähnliches wie unsere „Jugendliche und Web 2.0“-Studie erbrachte: Gerade Wikipedia und Netzwerkplattformen sind unter Studierenden sehr weit verbreitet, und werden auch für universitäre Zwecke genutzt (Recherche; Austausch zu Lehrveranstaltungen, u.ä.). Weitergehende E-Learning-Angebote – interaktive Lehrangebote, Video- oder Podcasts – kommen dagegen deutlich seltener zum Einsatz, auch weil viele Hochschulen (noch) keine entsprechenden Angebote vorhalten.
Im Anschluß daran wurden einige Plattformen mehr oder weniger pitch-artig vorgestellt – Markus Berger-de Léon (studiVZ) und Simon Scholz (feki.de) zeigten die Bandbreite von Communities auf – von der übergreifenden zur lokal gebundenen Netzwerkplattform; Daniel Koch (scholarz.net) stellte die Plattform scholarz.net vor, die das individuelle wie kollaborative Informationsmanagement für Akademiker unterstützt.
Der erste Block des Dienstag Vormittags stand im Zeichen der Wikipedia, über die Frank Schulenburg und Matthias Schindler berichteten. Sehr interessant war die Ankündigung von Schulenburg, dass die Wikimedia Foundation im Lauf des nächsten Jahres Schulungs- bzw. Unterrichtsmaterialien erstellen wird, wie die Wikipedia in Lehr- und Lernkontexten eingesetzt werden könnte.
Den Schlußpunkt durften drei Akademiker setzen: Meine Präsentation habe ich unten eingefügt; mein ehemaliger FoNK-Kollege Florian Mayer diskutierte u.a. die Berührungspunkte zwischen dem „Ethos der Wissenschaft“ und den (vermeintlichen?) Werten des Web 2.0 – Ideale wie organisierter Skeptizismus oder Kollaboration sind in beiden Systemen der Wissenserzeugung verankert. Thomas Bernhardt – der auch eine umfangreiche Zusammenfassung gebloggt hat – schließlich fasste eine Reihe der diskutierten Fragen nochmal zusammen; als letzter Sprecher hatte er es in gewisser Hinsicht schwer, weil viele Punkte vorher schon angesprochen worden waren.
Die Anhörung war als Auftakt zu einem Diskussionsprozess innerhalb der HRK-Kommission konzipiert, sodass es nicht sofort zu eine Empfehlung, Richtlinie o.ä. kommen wird, die an die Hochschulen gerichtet ist. Ich habe aber das Gefühl, dass in den beiden Tagen eine ganze Reihe von sehr wichtigen Themen angesprochen und diskutiert wurden (auch weil wir uns rasch von den Leitfragen lösten). Statt Insellösungen zu produzieren – also uni-interne Varianten von Facebook oder studiVZ zu etablieren -, sollten die Hochschulen den Fokus meines Erachtens auf die Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen, auch funktional spezialisierten Diensten legen, und hier insbesondere offene Standards fördern und weiter verbreiten. Auch eine Kooperation mit Wikipedia bzw. der Wikimedia Foundation halte ich für sehr sinnvoll, um die Grundgedanken des offenen und freien Austauschs von Wissen weiter zu verbreiten.
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